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richardweiss45

LEG in der Schweiz: Ein Modell für die nachhaltige Energiewende

G. Carle, 19.11.24


Lokale Energiegemeinschaften (LEG) in der Schweiz stellen einen innovativen Ansatz zum nachhaltigen Energiemanagement auf Gemeindeebene dar.  Um die verschiedenen Modelle der lokalen Energieversorgung zu verstehen, ist es wichtig, LEG von ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) und virtuellen ZEV zu unterscheiden. 


Ein klassischer ZEV beschränkt sich auf Teilnehmer innerhalb eines Grundstücks, die sich physisch am gleichen Netzanschlusspunkt befinden. Die einzelnen Teilnehmer werden nicht mehr als Endverbraucher im Sinne der Stromgesetzgebung behandelt und stellen gemeinsam bloss noch ein einziger Endverbraucher dar. Die Teilnehmer verbrauchen ihren mittels einer Produktionsanlage selbst produzierten Strom. Diese Eigenverbrauchsgemeinschaften nutzen hauptsächlich gemeinsame Solaranlagen und teilen den produzierten Strom direkt vor Ort. 


Virtuelle ZEV erweitern dieses Konzept, indem sie auch Teilnehmer einbeziehen können, die nicht am gleichen Netzanschlusspunkt angeschlossen sind, aber sich in geografischer Nähe befinden. Der Schweizer Bundesrat kann nun mittels Verordnung die Nutzung von Anschlussleitungen erlauben. Damit ist auch nicht mehr bloss ein einziger (gemeinsamer) Anschluss vom ZEV zum Verteilnetzbetreiber (VNB) notwendig. So können ZEV-Teilnehmer nun über mehrere Anschlüsse ans Verteilnetz angeschlossen werden, indem an einem beliebigen Punkt in einer bereits bestehenden Anschlussleitung ein virtueller Zähler eingebaut wird. Sie nutzen das bestehende Stromnetz für den Energietransport zwischen den Mitgliedern. Der Netzbetreiber ist gehalten, die gemessenen Verbräuche zusammenzuzählen und den ZEV ungeachtet der Mehrzahl von Messpunkten wie einen einzigen Endverbraucher zu behandeln.


LEG gehen noch einen Schritt weiter und bieten das umfassendste Modell. Sie ermöglichen nicht nur den Energieaustausch über grössere Distanzen, sondern integrieren auch verschiedene Energieformen und -dienstleistungen. LEG können mehrere Produktionsanlagen, Speichersysteme und innovative Energiemanagement-Lösungen einbinden. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Energieproduzenten und Verbrauchern, der eine lokale Vermarktung der selbst erzeugten Elektrizität über das öffentliche Netz innerhalb eines Quartiers oder auch einer Gemeinde ermöglicht.

Eine LEG kann damit auch einen oder auch mehrere ZEV als Teilnehmer beinhalten. Die Teilnahme an mehreren LEG ist jedoch ausgeschlossen.


Grafik: Modellvergleich ZEV, vZEV und LEG


Die Teilnehmer müssen dabei im gleichen Netzgebiet, auf der gleichen Netzebene und in der gleichen Gemeinde angeschlossen sein. Die LEG muss mit einem intelligenten Messsystem (z.B. Smart Meter) ausgestattet sein und eine Mindestgrösse an Elektrizitätserzeugung im Verhältnis zur Anschlussleistung aufweisen.  Diese liegt bei mindestens 20% und somit doppelt so hoch wie bei einem ZEV. Im Vernehmlassungsentwurf StromVV vom 21.2.2024 steht, dass der VNB innerhalb von drei Monaten einen Smart Meter installieren muss, wobei dies noch nicht definitiv geregelt ist.


Die selbst erzeugte Elektrizität kann innerhalb der LEG frei abgesetzt werden. Dazu darf das Verteilnetz genutzt werden, wobei man hierfür von einem tieferen Netznutzungsentgelt profitiert.  StromVV sieht dabei für den innerhalb einer LEG eigenverbrauchten Strom einen Abschlag von 30% auf die Netznutzungsgebühr vor, bei Beanspruchung der Transformations-Netzebene verringert sich der Abschlag auf 15 Prozent. Definitiv werden wir im Q2 2025 genaueres erfahren.


Die selbst erzeugte Elektrizität kann innerhalb der LEG an die Teilnehmenden als sogenannt «interner Strom» verkauft werden. In Bezug auf die Preisfestsetzung bestehen keine Vorgaben.


Die Verteilnetzbetreiber sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei grundversorgten LEG-Teilnehmenden den zusätzlich benötigten Strom – den sogenannten «Reststrom» – zu liefern. Marktberechtigte Teilnehmende dagegen wählen selbst einen Lieferanten für den benötigten Reststrom. Für den Bezug des Reststroms wird der übliche Netznutzungstarif verrechnet.


Für die Rechnungstellung ermittelt der Verteilnetzbetreiber die Anteile der selbst erzeugten Elektrizität, die innerhalb der lokalen Elektrizitätsgemeinschaft unter Inanspruchnahme des Verteilnetzes abgesetzt wurde. 


Die Vorteile von LEG sind beträchtlich. Die Teilnehmer können ihre Energiekosten durch gemeinsam genutzte Ressourcen und direkten Energiehandel deutlich senken.  Darüber hinaus stärken sie den gemeinschaftlichen Zusammenhalt und schaffen lokalen wirtschaftlichen Mehrwert. 


Allerdings stehen LEG auch vor einigen Herausforderungen. Die anfänglichen Einrichtungskosten können erheblich sein, einschliesslich Infrastrukturinvestitionen und Smart-Metering-Systeme. Die technische Komplexität bei der Verwaltung von Energieverteilung und -speicherung erfordert möglicherweise spezielles Software bei den VNB.  


Während ZEV relativ einfach zu implementieren sind, ermöglichen LEG komplexere und weitreichendere Energielösungen für ganze Gemeinden oder Stadtteile.  Trotz dieser Herausforderungen stellen LEG ein vielversprechendes Modell für die Energiewende der Schweiz dar und bieten einen Bauplan für ein nachhaltiges, gemeinschaftsgetriebenes Energiemanagement, das die übergeordneten Klimaziele unterstützt. 


Swiss Energy Planning von der geoimpact AG bietet eine Vielzahl von Daten, die für die Planung und Umsetzung von LEG äusserst wertvoll sein können. Durch die Nutzung dieser Daten lässt sich ein umfassendes Bild der energetischen Situation und des Potenzials in einer Gemeinde oder einem Quartier erstellen. Besonders relevant sind hierbei folgende Datensätze:


  • Gebäudebezogene Daten: Die detaillierten Informationen zu Gebäudealter, Energiebezugsfläche, Heizungstyp und Wärmebedarf ermöglichen eine präzise Einschätzung des Energiebedarfs und Sanierungspotenzials innerhalb der LEG. Dies hilft bei der Dimensionierung von Produktionsanlagen und der Identifikation von Effizienzsteigerungspotenzialen.

  • Solarpotenzial: Daten zur Dachfläche, Ausrichtung und dem potenziellen Stromertrag von PV-Anlagen sind essentiell für die Planung der dezentralen Energieproduktion in der LEG. Sie erlauben eine optimale Ausnutzung der vorhandenen Flächen und eine realistische Einschätzung der möglichen Eigenproduktion.

  • Netzinfrastruktur: Informationen über Netzbetreiber, Stromtarife und Einspeisetarife sind wichtig für die wirtschaftliche Bewertung und die Verhandlungen mit dem lokalen Netzbetreiber. Sie helfen bei der Gestaltung attraktiver interner Tarifmodelle für die LEG-Teilnehmer.

  • Demographische und sozioökonomische Daten: Angaben zu Haushaltsstrukturen, Altersgruppen und Kaufkraft in der Gemeinde unterstützen bei der Einschätzung der Akzeptanz und des Interesses an einer LEG-Teilnahme. Dies ermöglicht eine zielgerichtete Ansprache potenzieller Teilnehmer.


Durch die Kombination dieser Daten können LEG ihre Planungen auf eine solide Faktenbasis stellen, Potenziale genau quantifizieren und massgeschneiderte Lösungen für ihre spezifische lokale Situation entwickeln. Dies erhöht die Erfolgsaussichten und die Wirtschaftlichkeit von LEG-Projekten erheblich und trägt somit wesentlich zur Erreichung der Ziele der Energiestrategie 2050 bei.

Merkmal

ZEV

ZEV virtuell

LEG

Verantwortung Messwesen Produktion und Gesamtverbrauch

VNB

VNB

VNB

Verantwortung Messwesen Verbrauch Teilnehmende

ZEV

ZEV

VNB

Abrechnung Interner Strom

ZEV

ZEV

LEG/VNB

Abrechnung Reststrom, Netznutzung, Abgaben

ZEV

ZEV

VNB

Nutzung öffentliches Netz

nein

teilweise

ja

Vergünstigung auf Netznutzung für internen Strom

100 %

100 %

30/15 %

Vergünstigung auf Abgaben für internen Strom

100 %

100 %

keine

Netzzugang zum freien Strommarkt

ZEV

ZEV

Teilnehmende

Vertragsverhältnisse mit VNB

ZEV

ZEV

LEG, Teilnehmende

Tabelle: Merkmalvergleich ZEV, vZEV und LEG

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